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Ultima Thule nennt sich eine ikonische Glasserie des Unternehmens Iittala, die von dem finnischen Architekten, Designer und Grafiker Tapio Wirkkala entworfen wurde. In fast 40 Jahren entwarf er über 400 Objekte, von denen die Ultima Thule Reihe zu seinen berühmtesten Entwürfen zählt. Sie entstanden einst in den 1960er Jahren durch Schnitzereien von grafischen Formen.
Höhepunkt nordischer Kunst und Technik
Auf den schneebedeckten Inseln hoch im Norden Lapplands bleiben Furchen und Rinnen zurück, sobald das Eis nach langen Wintern zu schmelzen beginnt. Von diesem schmelzenden Eis wurde der Designer Wirkkala für die Serie Iittala Ultima Thule inspiriert. Tausende Stunden vergingen, um die erforderliche Glasblastechnik zu perfektionieren. Nur so konnte die charakteristische Form von Wellen und herunterlaufenden Wassertropfen geschaffen werden.
Damit wird die bemerkenswerte Glaskollektion zum Höhepunkt nordischer Handwerkskunst, in der sowohl die Schatten als auch die Helligkeit der wilden Natur des Nordens zum Ausdruck kommen. Um das Design letztendlich so wirkungsvoll zu kreieren, wie es heute in Erscheinung tritt, orientierte sich der Künstler stark an großen Meistern seiner Zeit und arbeitete eng mit geschickten Glasbläsern zusammen, um die besten Fertigungsverfahren für seine Glasobjekte zu ermitteln.
Nur im Rahmen dieser Arbeit im Team konnte 1968 das besondere Oberflächenmuster der Glaskollektion mit unverkennbar arktischem Flair entstehen. Die wichtigste Inspirationsquelle für Wirkkala war die finnische Natur, was sehr deutlich am Design der Kollektion zu erkennen ist. Von den ursprünglich grafischen Formen lassen die fertigen Produkte nur noch wenig erahnen. Stattdessen spiegeln sie den langen Prozess und die unzähligen Stunden wider, die für die Perfektion der Handwerkskunst und den exklusiven Effekt der Iittala Ultima Thule Kollektion benötigt wurden.
Der Mythos Ultima Thule: am Ende der Welt, wo sich Eis, Wasser und Himmel berühren
Der Name der berühmten Iittala Kollektion leitet sich zum einen vom geografischen Ultima Thule ab, der der nördlichste Landpunkt der Erde ist und zum anderen von einem Ort, der in der Antike als Ende der Welt bezeichnet wurde. Schon der Grieche Pytheas erzählte nach seiner Reise nach Nordwesteuropa von einem Ort, an dem sich Wasser und Erde vermischen und die Naturgesetze nicht mehr zu gelten scheinen. Für ihn schien alles frei „herumzuschweben“.
Auch der berühmte Historiker Herodot klagte, dass es ganz unmöglich sei, die nördliche Gegend zu beschreiben, da niemand seine Hand vor seinen Augen sehen könne. Überall schweben weiße Federn, die einem ununterbrochen ins Gesicht flögen. Als weiße Federn bezeichnete er wohl die zahlreichen Schneeflocken.
Doch gehen die Überlieferungen sogar so weit, dass die Griechen sowie die Sumerer einst behaupteten, dass ihre Vorfahren ursprünglich aus einem Land jenseits des Windes im äußersten Norden kamen, das als Hyperborea bezeichnet wurde und bei den Römern äußerste Thule hieß.
Die bruchstückhafte Überlieferung bedingte, dass Ultima Thule sowohl in römischer Zeit als auch im Mittelalter eine mythische Bedeutung erhielt. Sie erinnerte jedoch eher an die Anderswelt der Kelten, an Camelot, Avalon oder Atlantis, als an die nüchterne pytheische Geografie. Doch in welcher Form auch immer sie daher kommt, sie fasziniert die Menschen damals wie heute.
Tapio Wirkkala: Designgenie und Leitfigur der modernen finnischen Handwerkskunst
Der Designer Tapio Wirkkala (1915 bis 1985) war ein sehr vielseitiges Genie, das als Leitfigur der finnischen Handwerkskunst in moderner Zeit angesehen wurde. Von Möbeln, Glas und Kunst über Stadtplanung und Skulpturen bis hin zur Gestaltung von Banknoten wirkte er mit seinen Designideen. Er war ein äußerst erfolgreicher Designer und arbeitete unter anderem im Designbüro von Raymond Loewy in New York.
Im Laufe seiner vielseitigen und berühmten Karriere, in der er zu vielen internationalen Ausstellungen beitragen konnte, blieb er trotz seines Ruhms ein Einsiedler in der Natur. Weit entfernt von aller Zivilisation befand sich sein Lieblingsplatz in den Tiefen eines Waldes in Mittelfinnland. Er war dort so sehr abgeschottet, dass sogar Prototypen mit einem Hubschrauber zu ihm in den Wald geflogen werden mussten. Mit dem Auto konnte ihn schließlich niemand erreichen.
Nur in der Natur war der Designer in der Lage, seine Einsiedelei auszuleben und sich von der Ursprünglichkeit der Natur inspirieren zu lassen, ohne Ablenkungen, die ihn sonst störten.
Wirkkala wurde mehrfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit der Pro Finland Medaille, 3 Goldmedaillen der Mailänder Triennale, der Prince Eugen Medaille und dem Lunning Prize. Seinen ersten Designpreis erhielt er jedoch in einem von Iittala gesponserten Wettbewerb, der einen sehr positiven Einfluss auf seine Karriere hatte und ab 1952 zu einer lebenslangen sehr fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen ihm und dem finnischen Unternehmen führte.
Glasdesign mit geheimnisvoller Aura
In der fein gearbeiteten Design-Gläser-Kollektion, deren Optik frostigem Eis gleicht, zeigt sich die besondere Kraft finnischer Glasarbeiten, wobei die Mattierung des Glases direkt während der Formgebung erfolgt. Die Formen der Gläser unterscheiden sich von Produkt zu Produkt, je nachdem wie das flüssige Glas die hölzernen Modelle während des Fertigungsprozesses umschließt. Damit scheint jedes Stück ein Einzelstück zu sein.
Die Kollektion Iittala Ultima Thule umfasst Trinkgläser, Karaffen, Schalen, Schüsseln, Champagner-, Whisky-, Rotwein-, Weißwein- und Schnapsgläser sowie Bierkelche. Im Rahmen des 100. Geburtstags von Wirkkala erweiterte Iittala die Kollektion mit 2 Tellern in verschiedenen Größen, einem Krug und einem Sektglas. Auch ein sehr robustes Bierglas wurde in die Kollektion aufgenommen.
Die Gläser, Teller und Schalen stehen auf Tropfen, die wie Wasser langsam hinabzuperlen scheinen. Der Anblick jedes Stücks der Serie verspricht dabei Ruhe, unendliche Weite und Gelassenheit, die im stressgeplagten Alltag der heutigen Zeit Wohlbefinden verspricht.