« Wie die Schweden mit Norwegerpulli und Lakritz ins Wochenende starten »
Hoch die Hände, Wochenende! Den letzten Tag der Arbeitswoche begrüßt man überall gerne mit lustigen Sprüchen, kleinen Videos oder Kommentaren auf Social Media. Es werden Pläne geschmiedet, gemeinsame Unternehmungen vereinbart, Einladungen ausgesprochen. Soweit, so normal. Doch nirgends zelebriert man den Freitag mit so viel Genuss und Gemütlichkeit wie in Schweden. Wir verabreden uns mit dir zu einem typischen Fredagsmys!
Fredagswas?
Traditionell ist Fredagsmys der Abend, an dem man sich im Familien- oder Freundeskreis auf der Couch trifft und mit Süßigkeiten, Chips und einem guten Film ins Wochenende startet.
Seit 2006 gibt es im schwedischen Wörterbuch sogar eine eigene Bezeichnung für dieses herrlich entspannte Ritual: Fredagsmys ist eine Wortschöpfung, die sich aus den Begriffen Freitag (Fredag) und Gemütlichkeit (Mys) zusammensetzt – und den Zweck dieser schwedischen Tradition damit bereits auf den Punkt bringt.
Freitag ist Naschtag
Die Skandinavier sind bekannt für ihren gesunden Lebensstil. Frisch, regional und bio sollten die Lebensmittel sein, die unter der Woche auf den Tisch kommen. Schweden ist da keine Ausnahme, auch hier legt man im allgemeinen großen Wert auf gute Ernährung. An den Wochenenden gelten jedoch andere Regeln: Freitag und Samstag sind die traditionellen Junkfood-Joker, an denen man sich gerne eine Auszeit von Gemüse und Salat gönnt. Diese Gewohnheit zelebrieren die Skandinavier schon seit geraumer Zeit.
Doch dass beim Fredagsmys Schokolade, Lakritze, Popcorn und vor allem Chips nicht fehlen dürfen, ist unter anderem der Werbekampagne einer Snackmarke zu verdanken, die seit den 90ern ihre TV-Spots auf dem Fredagsmys-Lied aufbaut. Die markante Melodie dieser Werbungen ist jedem, der hin und wieder fernsieht ein Begriff und gilt seit vielen Jahren als inoffizielle Hymne des beliebten Freitagskuschelns.
Neben salzigen Knabbereien wie den berühmten Chips kommt dabei auch viel Süßes auf den (Couch-)Tisch. Jede Familie hat ihre eigenen Nasch-Favoriten, aber es gibt ein paar typische Fixstarter, die man auf den meisten Sofas finden wird:
Lakritze
Die schwarze Süßigkeit aus Süßholzwurzel spaltet bei uns die Gemüter. Man liebt oder hasst die zähen Gelatinestücke, wobei die meisten eher zu Zweitem tendieren.
In Skandinavien hingegen scheint es fast ausschließlich Lakritze-Fans zu geben. Ganze zwei Kilo verdrücken die Schweden pro Person und Jahr. Damit stehen sie auf der Weltrangliste trotzdem „nur“ auf Platz zwei, denn die Holländer sind mit ihrem Lakritz-Konsum sogar noch eine Nasenlänge voraus.
Godispåse
Die individuell zusammengestellte Süßigkeiten-Tüte hat beim Fredagsmys Tradition. Supermärkte bieten das Sortiment ihrer Naschereien vielerorts offen an, sodass sich jeder beim Wochenendeinkauf seinen persönlichen Lieblingsmix mischen kann. Die Befüllung der perfekten Godispåse kann schon ein Weilchen in Anspruch nehmen, denn Süßwarenabteilungen sind in den großen Supermärkten Skandinaviens meist riesig.
Angesichts der schier unbegrenzten Auswahl an Fruchtgummis, Schokolade, Karamell und Bonbons können wir Rest-Europäer nur neidvoll erblassen und das einfordern, was lediglich fair erscheint: Fredagsmys für alle!
Glögg
Wenn wir von süß sprechen, dürfen wir auch die Getränke nicht außer Acht lassen. Wein und Bier stehen zwar am Wochenende so wie in den meisten europäischen Ländern auch in Skandinavien hoch im Kurs, allerdings ist der Glögg im Herbst und Winter ein besonders beliebter Fredagsmys-Drink.
Rotwein, Zucker, Korn oder Wodka und typische Gewürze wie Kardamom, Ingwer und Nelken machen den Glögg zu einem Glühwein, der es in sich hat. Für Kinder gibt es natürlich auch die alkoholfreie Variante auf Tee-Basis, doch ein winterlicher Fredagsmys im Kreise der Erwachsenen kommt kaum ohne die originale Variante der flüssigen „Süßigkeit“ aus.
Je kuscheliger, desto besser – der Fredagsmys-Dresscode
High Heels, Blazer und Krawatte haben beim gemütlichen Zusammensein am Freitagabend nichts verloren. Der Dresscode für das Gruppenkuscheln erfordert vielmehr bequeme Homewear und legere Freizeitkleidung. Natürlich heißt das nicht, dass man auf einen angesagten Style beim Fredagsmys verzichten muss, denn schließlich stehen gemütliche Teile wie Norwegerpulli und XXL-Schal gerade wieder hoch im Kurs.
Beliebte skandinavische Marken wie Dale of Norway sind bekannt für ihre hochwertigen Wollprodukte und können sich aufgrund des neuen Trends zur Nachhaltigkeit über eine wachsende Fan-Gemeinde freuen. Mützen, Schals, Strickjacken und Pullover zählen zum Kerngeschäft der norwegischen Traditionsmanufaktur, das nicht nur dem Fredagsmys einen Extra-Faktor Hygge beschert. Andere skandinavische Marken stehen ebenfalls für Gemütlichkeit zum Anziehen. So sind etwa die finnischen Labels Marimekko oder Lapuan Kankurit berühmt für ihre hochwertigen Produkte und hüllen die Skandinavier seit Jahrzehnten in kuschelweiche Homewear, vom Bademantel bis zum Nachthemd. Rauma, eine norwegische Weberei, bereichert auch mit dem Pullover Marius die Kleiderschränke der Schweden. Die Wolle aus Norwegen ist wunderbar kuschelig und perfekt geeignet für den Freitagabend.
Heimtextilien zum Reinlegen
Ein Sofa, das Treffpunkt für einen gemütlichen Freitagabend sein soll, ist nicht komplett, solange es nicht mit vielen kuscheligen Kissen und mindestens einer Wolldecke beladen ist. Und weil Skandinavien ja fast so etwas wie die Mutter-Region hochwertiger Wollprodukte ist, mag es auch nicht weiter verwundern, dass man sich in Schweden, Dänemark, Norwegen und Finnland auch vermehrt nordische Labels auf die Couch holt.
Røros Tweed und Klippan Yllefabrik sind besonders beliebte Marken und haben die Wolldecke zu einem Must-have der Inneneinrichtung gemacht. Zusammen führen sie den skandinavischen Markt der Wolldeckenproduktion an und sind auch außerhalb des nordischen Raums zu bekannten Größen aufgestiegen.
Sowohl beim norwegischen Røros Tweed, als auch beim schwedischen Label Klippan legt man die Gestaltung der Designs von skandinavischen Plaids, Decken und Kissenbezügen gerne in die kreativen Hände heimischer Künstler. Das Konzept der authentischen skandinavischen Produkte bleibt somit durchgängig und trotzdem abwechslungsreich.
Spiele, Kochen, Kerzenschein – schwedischer Zeitvertreib in romantischem Setting
Fredagsmys findet zwar oftmals vor dem TV, das heißt aber nicht, dass der traditionelle Hygge-Ritus grundsätzlich mit einem Fernsehabend gleichzusetzen ist. Jeder zelebriert den gemütlichsten Abend der Woche anders und gerade bei Familien mit Kindern stehen Spieleabende oder gemeinsames Kochen an erster Stelle. Da das Freitags-Essen ja immer ein wenig aus dem Rahmen fallen darf, haben sich Do-It-Yourself-Gerichte wie Tacos mittlerweile zu inoffiziellen Klassikern entwickelt.
Die einzelnen Komponenten dafür sind schnell vorbereitet, das Tischdecken ist unkompliziert und jeder kann sich seine Lieblingsversion selbst zusammenstellen. Das schafft entspannte Atmosphäre, die gerne auch noch mit Ljus, also Kerzenlicht verstärkt wird. Der warme Schein einer Flamme ist kaum vergleichbar mit künstlichem Licht und gehört für viele zu einem gelungenen Freitagabend.
Wer nach dem Essen nicht ins heimische Wohnzimmer-Kino wechselt, holt die Brettspiel-Sammlung aus dem Keller. Das gemeinsame Spielen ist nicht nur beim Fredagsmys ein beliebter Zeitvertreib, sondern wird auch zu den Feiertagen oftmals im großen Familien- und Freundeskreis zelebriert.
Sehr beliebt sind Quiz- und Kommunikationsspiele, angelehnt an bekannte Fernsehsendungen.
Haushalte mit Kindern haben meist die allseits bekannten Klassiker im Sortiment, im erwachsenen Freundeskreis bevorzugen die Skandinavier oftmals Strategiespiele.
Aber ganz gleich zu welcher Abendgestaltung man tendiert – der Brauch, sich einmal in der Woche in entspannter Atmosphäre zu treffen, sich auszutauschen und zu schlemmen, steht wie kein zweiter für die gelassene, genießerische skandinavische Mentalität. Uns allen täte eine regelmäßige Mini-Auszeit wie diese gut, daher sind wir uns einer Sache sicher: Die Welt braucht mehr Fredagsmys!
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