« Eine finnische Geschirr-Geschichte »
Bei dem Gedanken an finnisches Design fällt vielen Skandinavienfans Iittala Teema, die berühmte finnische Geschirrserie ein, deren Ursprünge in der Serie Kilta der Schwesternmarke Arabia liegen, die von Kaj Franck entworfen wurde. Sie ist so gut wie in jedem finnischen Haushalt zu finden und darüber hinaus Bestandteil vieler Museumssammlungen. Das minimalistische Design war zur damaligen Zeit revolutionär und zählt heute zu den wichtigsten und berühmtesten Eigenschaften skandinavischen Designs.
Revolution auf dem Esstisch: finnisches Geschirr zum Kombinieren
Die Entwürfe des finnischen Designers Kaj Franck für die Arabia Kilta Geschirrserie waren in den 1950er-Jahren revolutionär. Nach seinem Anliegen damals sollten traditionelle Geschirrserien nicht länger mehr die Grundlage im Geschirrschrank sein und sich jeder Mensch in Finnland einen Porzellanteller leisten können. Porzellan war damals sehr teuer und wurde großzügig dekoriert. Vor allem wurde es als Tafelservice mit unzähligen verschiedenen zusammenpassenden Schüsseln, Tellern, Tassen und Schalen gekauft.
Ein ganzes Service konnte sich kaum einer leisten. So mussten viele Menschen in Finnland zu dieser Zeit alltäglich sowie zu Feierlichkeiten von Holztellern, dicken Keramiktellern oder Blechtellern essen. Gutes finnisches Geschirr war nur der Mittel- und Oberschicht vorbehalten. Damals gehörte ein großes Porzellanservice, kombiniert mit einem 12-teiligen Bestecksatz aus Silber zum Statussymbol eines gut gepflegten Haushalts. Mit der offiziell im Jahre 1952 eingeführten Arabia Kilta Serie sollte sich das ändern.
Das Ziel von Francks Überlegungen war, die einzelnen Geschirrstücke der Kilta Serie so zu entwerfen, dass sich die Produktionskosten für eine Massenfertigung niedrig hielten und Qualitätsware zu Preisen für jedermann hergestellt werden konnte. Damit wurde das Geschirr mit einem hohen sozialen Anspruch konzipiert und es entstand eine einfarbige, minimalistisch gestaltete Serie, deren Stücke einzeln in unterschiedlichen Farben gekauft und nach Lust und Laune kombiniert werden konnten.
Das sogenannte „Volksgeschirr“ wurde geboren, das im Gegensatz zu den traditionellen Tafelgeschirrservices stand. Arabia Kilta konnte nach und nach mit verschiedenen Teilen ergänzt werden. Durch diese Besonderheit wurde das Geschirr zu einem beliebten Mitbringsel für Freunde. Und das ist es auch heute noch.
Geschirr in einfachen geometrischen Formen
Innovativ am neuen Geschirr war die extreme Schlichtheit – getreu des Prinzips von Kaj Franck: „Keine Dekoration!“. Es gab keine Dekore oder Reliefs. Als Dekoration sollte allein nur die Farbe dienen. Die flachen Teller besaßen einen deutlich abgegrenzten, geneigten Rand und die Becher, Tassen und Kannen waren leicht konisch gehalten. Als elementare Formen der einzelnen Geschirrstücke wählte der Designer Rechteck, Quadrat, Zylinder, Kegel und den Kreis. Damals gab es die Stücke nur in den Farben Schwarz, Weiß, Braun, Hellgelb und Tannengrün. 1954 wurde das Braun durch Kobaltblau ersetzt.
Reduziert und dimensional geschrumpft
Dank des steilen Winkels des Tellerrands konnten sich die Dimensionen insgesamt verkleinern. Doch verlor die eigentliche Arbeitsfläche in der Mitte nicht an Wirkung, da sie sich beim Teller sowieso nur auf die abgesetzte Mitte beschränkte. Zudem war für Mahlzeiten mit viel Soße eine hohe Kante ideal und von großem Vorteil. Auch inspirierten die Formen, wie beispielsweise die quadratischen Schalen, zu kreativem Kochen.
Praktisch und multifunktional
Nicht nur die Dimensionen waren geschrumpft, sondern auch die Anzahl hinsichtlich der Teile, die es sonst in einem Geschirrset gab. So bestand Arabia Kilta zu Beginn aus nur 8 Elementen und zwar aus Tasse, Untertasse, kleinem flachen Teller, großem flachen Teller, Henkelkrug mit Deckel, kleiner tiefen Schale, großer tiefen Schale, kleiner quadratischen Schale und rechteckiger Platte.
Franck entwickelte aus der Form der Tasse eine henkellose Zuckerdose und mit einem Ausguss versehen ein Milchkännchen. Der Zuckerdosendeckel passte auch auf Milchkännchen und Tasse. Darüber hinaus funktionierte die Zuckerdose auch als Gewürzdose oder Marmeladenschälchen. Ebenso waren die tiefen Schüsseln multifunktional einsetzbar. Sie konnten gleichzeitig als Dessertschalen, Suppenschüsseln, Müslischüsseln oder als Salatschüsseln verwendet werden.
Arabia Kilta war schon bald ein Erfolgsschlager
Die Arbeiten des Designers begannen bereits im Jahre 1947. Ab 1951 war er zwar nicht mehr künstlerischer Leiter für Arabia, da er zu Nuutajärvi Notsjö wechselte, aber er entwarf stets weitere Stücke für die berühmte Kilta Serie. Anfänglich gestaltete sich der Verkauf der Stücke eher schleppend. Doch schon bald kam die Erfolgsgeschichte des revolutionären, multifunktionalen Geschirrs ins Rollen und 1958 bestand die Serie bereits aus 37 verschiedenen Stücken.
So kamen zum Beispiel zusätzliche Tellergrößen, Trinkbecher, Eierbecher, Salz- und Pfefferstreuer und Stielkannen mit Ausguss in zwei Größen hinzu. Darüber hinaus wurden auch andere Designer mit den Entwürfen für die Arabia Kilta Serie betraut. Zum Beispiel entwarf Edvin Lindqvist runde Schüsseln in mehreren verschiedenen Größen und Ulla Procopé Marmeladentöpfchen mit Bambusgriff und runde Schälchen mit Ohren. Später befanden sich auch stapelbare Aufbewahrungsdosen mit flachem Deckel in mehreren Größen, dreieckige Schälchen, Kaffee- und Teekannen und vieles mehr im Sortiment.
Der immer größer werdende Erfolg der Serie wurde 1957 mit dem Compasso d’Oro Mailand und dem Grand Prix der Triennale Mailand gekrönt. Später folgten weitere Auszeichnungen und das Geschirr wurde international in Museumssammlungen aufgenommen.
Aus Arabia Kilta wurde Iittala Teema
Da Arabia Kilta nach 2 Jahrzehnten nicht mehr in allen Aspekten zeitgemäß schien, wurde im Jahre 1974 seine Produktion gestoppt, was beinahe einen Volksaufstand hervorrief. Das Team um Kaj Franck überarbeitete die verschiedenen Teile, ließ einige Stücke weg und schuf neue Elemente. Auch neue Farben mussten her. Die Tellerdimensionen wurden wieder vergrößert und die Neigungswinkel der Tellerkanten modifiziert. Darüber hinaus wurden die Tassen nun etwas zylindrischer.
Auch das Material veränderte sich. Statt herkömmliches Hartsteinzeug wurde nun für die Geschirrspülmaschine taugliches Vitroporzellan eingesetzt. Das besonders bruchfeste Steinzeug wird heute noch gerne für finnisches Design verwendet. Der Relaunch der Serie kam 1981 mit dem neuen Namen Teema auf den Markt und wurde von Iittala hergestellt. Iittala Teema ist auch heute noch eine beliebte Geschirrserie, die nicht nur in Skandinavien, sondern auf der gesamten Welt bekannt ist.
Nach Francks Tod übernahm sein enger Freund und Kollege Heikki Orvola die Verantwortung für die Entwürfe und erdachte neue Farben und Geschirrteile. 2019 führte Iittala die neue Farbe Puder ein. Der milde erfrischende Farbton fügt sich hervorragend in die klassische Iittala Teema Serie ein und erinnert an idyllische Sonnenuntergänge in Skandinavien. Aktuell ist Teema in Weiß in einem breiteren Sortiment aufgestellt, während die Farben Grau, Schwarz, Rot, Blau und Puder nur in einem begrenzten Maß erhältlich sind.