« Andenken an die finnische Design-Legende Oiva Toikka »
Professor Oiva Toikka (1931-2019) gehört zu den bedeutendsten Designern Finnlands. Er wurde vor allem durch seine Glasarbeiten für Iittala weltweit bekannt. Seine mutige und vor allem einfallsreiche Glaskunst, für dessen Ausarbeitung er die Natur als Inspirationsquelle nutzte, weicht von der stromlinienförmigen Ästhetik skandinavischen Designs ab. Sein origineller Stil wird besonders in den von ihm entworfenen Glasvögeln, den Birds by Toikka und Gebrauchsgegenständen deutlich. Über die Jahre hinweg erarbeitete er sich durch die Zusammenarbeit mit Designern aus der ganzen Welt einen exzellenten Ruf. Zahlreiche Auszeichnungen zeugen von seiner großen Schaffenskraft.
Wichtige Meilensteine des weltberühmten finnischen Designers
Geboren wurde Oiva 1931 in Viipuri, im heutigen Oblast Leningrad im nordwestlichen Teil Russlands. Er studierte in Helsinki bei dem renommierten Professor Arttu Brummer an der Hochschule für Kunst und Design. Anfangs arbeitete er nach seinem Abschluss in den Jahren 1956 bis 1963 für die Geschirrfabrik Arabia in Helsinki als Keramikdesigner.
Danach begann er noch im selben Jahr seine Glaskunst im ältesten Glaswerk Finnlands, der Nuutajärvi Glashütte. Seine ersten Glasskulpturen waren Kurkkupurkkis. Das bedeutet auf Deutsch so viel wie Gurkengläser. Sie waren ein Vorläufer für seine weltbekannte Glasvogelserie und zeichneten sich vor allem durch ihre Farbigkeit aus. Seine Entwürfe dafür waren von Pop Art und der finnischen Volkskunst geprägt. Darüber hinaus verwendete er eine Formgebung, die schwierig mit dem Material Glas umzusetzen war. Dafür und gerade deswegen war seine Glaskunst außergewöhnlich. Ein Jahr später, im Jahr 1964, entwarf Oiva die Gebrauchsglasserie Kastehelmi für das finnische Glaswerk. Sie ist bis heute die erfolgreichste Serie von Gebrauchsglas in ganz Skandinavien und wird mit einigen Unterbrechungen bis heute in Finnland produziert.
Heute gehört die Serie aufgrund verschiedener Fusionen zur Kollektion von Iittala.
In der Zeit danach entwickelte er die ebenfalls bis heute bekannten Lollipops, mit der unter anderem die Glashütten Iittala und Nuutajärvi weltweit bekannt wurden. Im Jahr 1973 begann Toikka mit den Arbeiten für seine Birds, mit denen er etwas Einzigartiges in der Glaskunst-Szene schaffen konnte.
Einige Jahre später, im Jahr 1977, begann er außerdem mit der Gestaltung seiner Jahreswürfel. Für die beispiellos in höchster Handwerkskunst aus Glas geblasenen Kunstobjekte werden verschiedene Glasornamente in verschiedenen Farben in einen Würfel aus klarem Glas eingebracht, sodass aus jedem Würfel ein kunstvolles Einzelstück entsteht. Noch kurz vor seinem Tod im April 2019 hatte er die Entwicklung der legendären Würfelserie mit dem Annual Cube 2019 fortgesetzt.
Die Natur als Inspirationsquelle für Toikkas Originalität
Dem finnischen Designer diente die Natur als Inspirationsquelle seiner Glaskunst. Glas war sein Lieblingsmaterial, das er durch seine Natürlichkeit als den besten Vermittler zwischen Natur und Mensch ansah.
Seine Liebe zur Natur spiegelt sich in all seinen Schöpfungen wider, seien es die Glasinstallationen, Glasskulpturen oder Glasvögel. Selbst beim Entwickeln seines individuellen Stils seiner Gebrauchs- und Einrichtungsgegenstände sowie in den keramischen Stücken seiner Anfangszeit war die Natur mit ihrer Schönheit sein liebster Begleiter.
Weg vom Funktionalismus und hin zur Symbiose aus geheimnisvoller Poesie und Fantasie
Den Funktionalismus zu verfolgen, wie es finnisches Design zelebriert, das war nicht sein Ansinnen. Für ihn war es wichtig, fantasievolle Objekte gepaart mit geheimnisvoller Poesie zu schaffen.
Neben seiner Liebe zu Glasgegenständen schuf er ebenso mit voller Hingabe und Leidenschaft großartige Muster für die finnische Marke Marimekko, Bühnenbilder für das berühmte Opernfestival in Savonlinna und für das Theater in Tampere und vieles andere mehr.
Für seine kühne, fantasievolle und auffällige Kunst erhielt er viele verschiedene Auszeichnungen, zum Beispiel die Prinz-Eugen-Medaille, den Lunning-Preis, die Pro-Finlandia-Medaille, den Kaj-Franck-Designpreis und die Auszeichnung World Glass Now 85.
Kastehelmi: ein legendärer Entwurf des Designers
Die erstmals im Jahr 1964 vorgestellten Votive Teelichtleuchter der Kastehelmi Serie von Iittala sind heute legendär und zum richtigen Klassiker herangereift, während sie damals noch eine wirkliche Revolution in der Glaskunst darstellten, da sie Wasser und Feuer in sich vereinten.
Der Name der finnischen Designglasserie bedeutet auf Deutsch so viel wie Tautropfen und findet sich sinnbildlich in den kleinen Glastropfen wieder. Die kühlen Tropfen und die heiße Flamme des Teelichtes schaffen geheimnisvolle Reflexionen, die für eine romantische, stilvolle Stimmung im Raum sorgen.
Beim Anblick der Teelichter kann sich bestimmt jeder vorstellen, wie kleine Perlen aus Morgentau von den Blüten und Grashalmen einer wunderschönen Blumenwiese tropfen. Dem Designer, den die Natur auf eine besondere Art inspirierte, muss es wohl ebenso ergangen sein. Letztendlich wollte er die kleinen Nähte, die sich bei gepresstem Glas ergeben, durch kleine Glastropfen verbergen. So entwickelte sich sein Experiment zu einem ganz neuartigen Ausdruck finnischen Designs, der großen Anklang fand.
Zu den Teelichtleuchtern gesellten sich später Teller, Schüsseln, Tortenplatten, Dosen und sogar Tischläufer und Geschirrtücher aus Leinen sowie Servietten aus Papier.
Alle Teile der Serie sind in den verschiedensten Farbtönen erhältlich. Am schönsten wirken Objekte aus Klarglas in Kombination mit Tellern, Teelichtleuchtern oder Dosen in blauen und grünen Farbtönen, um finnisches Design im eigenen Zuhause in seiner Schönheit zu erleben.
Iittala Birds by Toikka: eine weltweit einzigartige Kollektion
Die Sammlung der Iittala Birds ist das bekannteste Werk der finnischen Legende. Gemeinsam mit seinen erfahrenen Glasbläsern hauchte Oiva jedes Jahr aufs Neue weiteren wundervollen Kreationen von Glasvögeln Leben ein.
Da er sich stets vom Augenblick leiten ließ, erblickten die ersten Vögel ganz ungeplant die Welt. Bereits im Jahre 1972 entstanden erste Variationen von Sieppo, dem Fliegenschnäpper, den er in sitzender und stehender Version entwickelte. Abhängig vom jeweiligen Farbglas, das Oiva gerade zur Verfügung stand, erhielt der ursprüngliche Vogel immer wieder ein anderes Aussehen.
Dass Oiva die Natur liebte, ist ganz besonders in seiner legendären Birds-Glaskunst zu erkennen, die er nach den Vorbildern der verschiedenen Vogelarten entwickelte. Vor allem beeinflussten die Fischreiher vom Fluss Nuutajoki seine Fantasie. Ihre geheimnisvolle Aura zieht sich durch die gesamte Glasvogelserie, selbst wenn es sich bei den einzelnen Objekten nicht um einen Reiher handelt. So kreierte der Künstler über 400 verschiedene Glasvögel. Darunter befinden sich zum Beispiel Auerhuhn, Waldohreule, blauer Pirol, grüner Ibis, Blauschwanz und fantasievolle Jahresvögel wie Fjord, der Jahresvogel 2019.
Dank des faszinierenden Werkstoffs, Oivas Glaskunst und durch Licht und Reflexion der Objekte, wirken die Vögel so lebendig, dass man meinen könnte, es handele sich um lebendige Fantasiewesen. Am 22. April 2019 starb Oiva Toikka in Helsinki. Seine wundervolle Glaskunst hält sein Andenken immer lebendig.